Eine klimaresiliente Stadt braucht intakte Grünflächen. Dass sie immer ausreichend bewässert sind, will das Pilotprojekt Smart Green City mit intelligenten Sensoren sicherstellen. Von Ulrike Bohnsack

Denn: „Wenn natürliche und naturnahe Flächen braun werden, sieht das nicht nur unschön aus. Es hat auch Folgen“, warnt Prof. Dr. André Niemann vom Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft der UDE. „Die blau-grüne Infrastruktur – gemeint sind Pflanzen, Böden und Wasserkreisläufe – bietet uns Menschen Erholung und den Tieren Lebensraum. Sie filtert und kühlt die Luft und kann wie ein Schwamm viel Regen aufnehmen. Ist das Erdreich aber ausgedorrt, kann bei Starkregen das Wasser nicht mehr versickern.“

Das Grün in Schuss und den Wasserverbrauch geringhalten: Mit diesem Ziel haben Niemanns Team und drei Umwelttechnik- bzw. IT-Firmen das Projekt „Smart Green City“* gestartet. Seit Januar läuft hierzu in Bochum ein breit angelegter Feldversuch. Auf den Liegenschaften zweier Wohnungsgesellschaften überwachen 50 intelligente Sensoren bis Ende März 2023 das Pflanzenwachstum und den Bodenwasserhaushalt. Die Sensoren sind „blaue, etwa 10 Zentimeter große, runde Scheiben“, so Niemann. „Sie sind für das Internet der Dinge (IoT) konzipiert und nutzen Künstliche Intelligenz. Dadurch kommunizieren sie drahtlos, können die gesammelten Daten interpretieren und in das Netz der Bochumer Stadtwerke übertragen.“

Die IoT-Sensoren werden in die Erde gesteckt bzw. bis zu 1,50 Meter tief vergraben. Hier messen sie neben der Bodenfeuchte und -temperatur noch weitere wichtige Parameter, etwa die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und zu speichern; oberirdische Sensoren hingegen bestimmen den Pegel von Bächen oder Zisternen. Zusätzlich werden die Sensordaten mit den Wetterprognosen angereichert. Werden gewisse Werte unterschritten, wird das an eine automatisch gesteuerte Regenwasser-Zisterne gemeldet, die gezielt Wasser abgibt.

„Teil des Feldversuchs ist auch ein unterirdisches Ableitungs- und Rückhaltesystem. Dafür wurden unter Straßenbäumen Wasserspeicher angelegt und miteinander verbunden. Regnet es, fließt der Niederschlag in diese Rigolen. So können sich die Wurzeln versorgen, wenn es zu trocken ist, und die Kanalisation wird entlastet.“ Solch moderne Systeme lassen sich natürlich nicht einfach nachrüsten. Deshalb soll auch eine Bürgerplattform entstehen, die anzeigt, wie gut versorgt die Stadtnatur ist. Gegebenenfalls können engagierte Bürger:innen und Initiativen dann zur Gießkanne greifen. Sollte die Not in der Fläche aber zu groß sein, erhalten die zuständigen Behörden eine Mitteilung, dass sie mit großem Gerät anrücken sollten.

Um klimaresilient zu werden, sich also für die Folgen von Extremwetter zu wappnen, müssen die Kommunen noch viel tun. Dazu gehört, künftig bei allen städtischen Planungsprozessen und beim Bau neuer Wohnquartiere eine intelligente Versickerung und Bewässerung mitzudenken, findet André Niemann. Oder anders formuliert: Schlaue Städte sind grün.

* Smart Green City wird von der EU im Rahmen der Initiative REACT-EU gefördert. Konsortialführer ist die Okeanos Smart Data Solutions GmbH. Partner sind u.a. der UDE-Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft, die Auto-Intern GmbH und die PHYSEC GmbH.